In memoriam Herrn Dr. med. Hans-Joachim Trautner
von Manfred Wegele
Die Bezirksgruppe Schwaben des Bayerischen Landesverein für Familienkunde trauert um ein treues
und verdientes Mitglied. Herr Dr. Trautner (* 11.03.1916, + 13.08.2001) trat unserem Verein bereits im Jahre
1973 bei. Trotz beruflicher Tätigkeit weit über die übliche Pensionierungsgrenze hinaus, hatte er doch
einen Großteil seiner Freizeit neben der Bibliophilie(er war von 1979 – 1984 Präsident der Bibliophilen
Gesellschaft und passionierter Preetorius-Sammler) auch unserem Hobby, der Genealogie, geopfert. Sehr
beindruckt war ich von seinen Tagebuchaufzeichnungen 1935 bis Ende 1948. Hier beschreibt er
in Stichworten den Beginn seines medizinischen Studiums und seine persönlichen Kriegserlebnisse. Ich war
von den geschilderten Ereignissen tief beeindruckt, vor allem davon, wie er es schaffte, ständiger
Lebensgefahr zu entgehen und große körperliche Strapazen zu überstehen. Während seiner
Kriegsgefangenschaft musste immer wieder medizinische Hilfe bei anderen leistete, auch als er selbst
schwer erkrankt war. Wie muss einem Menschen zumute sein, der in diesen Jahren vielen Menschen aller
Couleur und Nationalitäten begegnet ist, mehrere Sprachen fließend sprach, ein völlig neues Weltbild
bekam und am Ende des Krieges der vollen Ignoranz der deutschen Bürokratie ausgeliefert war. Vieles
kann man rationell nachvollziehen, aber wohl kaum emotional verifizieren. Höchst erstaunlich ist es doch,
wie optimistisch Herr Dr. Trautner trotz aller leidvollen Erfahrungen die Dinge des Lebens sah, und
unbeirrt seinen Weg ging. Anfang der 80-er Jahre war er Vorsitzender der NAV (Verband der
niedergelassenen Ärzte in Deutschland).
Im Jahre 1977 wurde ihm große Ehre zuteil: ihm wurde das Bundesverdienstkreuz verliehen.
Vor zwei Jahren konnten wir seine umfangreiche Ahnenliste Trautner-Weiler in den „Gelben Blättern“
veröffentlichen. Da ich mit der Redaktion dieser Veröffentlichung betraut war, lernte ich ihn zum ersten
Mal persönlich näher kennen. Das Bild einer grauen, hochgebildeten und unnahbaren Emminenz, welches
ich von ihm zunächst hatte, wandelte sich rasch zu einem Bild von einem aufgeschlossenen, umgänglichen
und humorvollen Menschen. Als sich auch noch herausstellte, dass wir eine Menge gemeinsamer
Vorfahren hatten, fand ein reger Austausch von Informationen und Erfahrungen zwischen uns statt. Bei
all unseren Gesprächen glänzte er durch seine fundierten Kenntnisse über historische Ereignisse,
insbesondere auch der Rieser Heimatgeschichte, seine hervorragende Allgemeinbildung und seine
faszinierenden Spezialkenntnisse. So ist es nicht verwunderlich, dass er bei unseren Vereinsabenden und
unseren anderen Forschertreffen stets ein gefragter Mann war, der um Lesehilfe bei alten Handschriften,
um Übersetzungen lateinischer Texte oder um Erklärungen von älteren Bezeichnungen für
Todesursachen befragt wurde. Dabei hatte er viel Geduld mit manchen Anfängerfragen, war stets
freundlich und zurückhaltend.
Im Zusammenhang mit der Ahnenlistenveröffentlichung schenkte er mir eine Zusammenstellung der
Vorfahrenliste Trautner-Weiler, die mit vielen Extrakten aus Originaldokumenten und mit seinen
Kommentaren versehen war, worüber ich mich sehr freute. Für mich ist es noch eine jahrelange Arbeit,
dies alles auszuwerten, aber ein wunderbares Vermächtnis.
Im Vorwort schreibt er: „Gewidmet meinen drei Schicksalsnornen: meiner Lebensgefährtin: Frau Anni
Falk-Engelhardt (* 1923 + 1983), meiner Mutter: Anna Weiler-Trautner (* 1895 + 1920), meiner
Großmutter: Catharina Beck-Weiler (* 1868 + 1948). Sind diese Frauen, unter anderem seine Mutter, die
er bereits mit 4 Jahren verlor, als sie 25-jährig verstarb, der Schlüssel zu seiner Persönlichkeit? Darüber
lässt sich aber nur spekulieren.
Wie sehr freute sich Herr Dr. Trautner darüber, dass sich zwei Mitglieder unseres Vereins, Herr
Maximilian Kraus und Herr Dr. Lutzeier immer wieder anboten, ihn mit dem Auto abzuholen und zu
unseren Veranstaltungen zu fahren. Mit Herrn Dr. Lutzeier war er in den letzten beiden Jahren öfters
auf Tour im „Lande seiner Vorfahren“, im Ries.
Bei seinem letzten Besuch bei unseren Vereinsabend im Juli hatte sich Herr Dr. Trautner noch eifrig an
der Planung zur Ausstellung zu unserem Vereinsjubiläum 2002 beteiligt. Hier zeigte sich auch der Realist
Dr. Trautner, der uns in unserer Euphorie etwas bremste und uns das Machbare aufzeigte. Auch hatte er
uns aus seinem privaten Besitz einige interessante Exponate versprochen, worauf wir uns schon sehr
gefreut hatten.
Seine zahlreichen in Arbeit befindlichen Werke werden wohl nun leider nicht mehr fertiggestellt werden.
Wir hoffen, dass sie in die richtigen Hände kommen und einer wissenschaftlichen Auswertung weiter zur
Verfügung stehen.
Wir werden Herrn Dr. Trautner sehr vermissen. Mit ihm verloren wir nicht nur einen wichtigen
Fachmann, sondern auch einen väterlichen Freund. Er möge ruhen in Frieden.